ÜBER PURPOSE, IGEL,
IKIGAI UND GOLDEN CIRCLE

KURZ & KLAR

  • Purpose & Co. sind Konzepte, die ein Unternehmen nicht positionieren können, weil ihnen Kunden- und Marktsicht fehlen.
  • Es sind Konzepte, um den Sinn und Zweck eines Unternehmens als Teil der Selbstidentität zu bestimmen.
  • Um zu wirtschaftlichem Erfolg zu führen, muss der Sinn, den ein Unternehmen (= die Mitarbeitenden) als Teil seiner Produkte/Services anbietet, für KundInnen von Bedeutung sein.
  • Wichtig: Mitarbeitende und KundInnen suchen selbst Bedeutung, Unternehmen und Marken dienen ihnen lediglich als Mittel zum Zweck.
  • Große gesellschaftliche Themen wie Nachhaltigkeit sind nicht ausreichend, um Unternehmen Sinn zu verleihen: denn sie sind Existenzverpflichtung, nicht Existenzberechtigung.

Konzepte wie Purpose, Igel, Ikigai und Golden Circle sind wichtig und geeignet für die eigene Sinnfindung. Sie gehen deshalb in unsere Arbeit ein. Für sich allein genommen, sind sie aber nicht in der Lage ein Unternehmen erfolgreich zu positionieren.

Warum?

Purpose definiert Sinn und Zweck eines Unternehmens.

Purpose gilt als das innere Anliegen einer Organisation, eigene Stärken über ökonomische Ziele hinaus mit gesellschaftlichen Bedürfnissen zu vereinen. Im Ergebnis eine sinnvolle, organisational gemeinsame Richtung, die den Erkundungsdrang von Unternehmen und Marke leitet. Der Purpose beantwortet Fragen wie: Warum gibt es uns? Was wollen wir werden?

Nur: Ob der definierte Purpose ein Unternehmen erfolgreicher macht, hängt wesentlich davon ab, ob er für heutige und zukünftige KundInnen und Mitarbeitende – und erst danach für die Gesellschaft als Ganzes – von Bedeutung ist. Nur dann macht es für ein Unternehmen Sinn, weil es mit seinem Produkt- und Service-Portfolio – nicht mit seinem Purpose allein – wirtschaftliche Erfolge erzielt. Und im Umfeld des Fachkräftemangels überhaupt noch Mitarbeitende für sich gewinnen kann.

Bedeutsam für KundInnen und Mitarbeitende ist der Purpose eines Unternehmens erst dann, wenn sie damit ihr Selbstbild entwickeln oder aufwerten können, also eine Transformation zum „Besseren“ erleben. Denn KundInnen und Mitarbeitende wollen selbst Bedeutung erlangen. Unternehmen und Marken sind ihnen dabei nur Mittel zum Zweck, die ihnen ermöglichen, der Welt mitzuteilen, wer sie sind und an was sie glauben. Diese Gedanken sind nicht Teil des originären Purpose-Konzepts, aber erfolgskritisch für jedes Unternehmen.

Das Igel-Prinzip aus Jim Collins‘ „Good to great“ geht einen Schritt weiter, denn es fragt neben „Was ist unsere wahre Passion?“ und „Worin können wir die besten werden?“ auch noch „Was ist unser wirtschaftlicher Motor?“. Mit Beantwortung dieser Frage wird zumindest klar, dass ein Unternehmen Umsatz erzielen muss und ein attraktives Produkt- und Service-Portfolio für das KundInnen bereit sind, Geld auszugeben, braucht. Das oben beschriebene Bedeutungskonstrukt kennt Good to great aber nicht.

Noch klarer ist die japanische Ikigai-Methode, die dem Igel-Prinzip ähnelt, aber dessen Frage nach dem wirtschaftlichen Motor präzisiert in „Was braucht die Welt?“ und „Wofür werde ich bezahlt?“. Die Beantwortung dieser Fragen führt unmittelbar zum Produkt- und Service-Portfolio und seinem rational-funktionalen Mehrwert. Das oben beschriebene Bedeutungskonstrukt kennt auch Ikigai nicht, ist aber unter allen Konzepten am nächsten dran.

Beim Golden Circle von Simon Sinek dominiert wiederum die Inside-Out-Perspektive: WHY (Purpose), HOW (Alleinstellungsmerkmal, USP) und WHAT (Produkte und Leistungen) fehlen die KundInnen- bzw. Bedeutungs-Perspektive als entscheidende Voraussetzung für eine tragfähige, langfristige und erfolgreiche Positionierung.

Eine Positionierung ist nur erfolgversprechend, wenn sie

  • wahrhaftig (authentisch und sinnstiftend für die Organisation),
  • relevant (bedeutend für Gegenwart und Zukunft von KundInnen, Mitarbeitenden und Gesellschaft),
  • differenzierend (in Markt und Wettbewerb von heute und morgen) ist.

Der Transfer der Identität durch die Positionierung in den Markt​

Nur derart eingebettet in eine Positionierung wirken Purpose, Igel, Ikigai und Golden Circle sowohl sinnstiftend als auch umsatzrelevant und liefern – im Geschäftsmodell verankert – substanzielle Anknüpfungspunkte für die verschiedenen Geschäftsbereiche und Funktionen eines Unternehmens. Oft genug werden sie sogar zum Ausgangspunkt für eine Transformation.

Am Ende des Prozesses dokumentieren Sinn und Positionierung die Haltung von Unternehmen und Marke. Eine Haltung, die gern etwas weniger auf gesellschaftlichen Themen und etwas mehr auf tiefen, intrinsischen und daher individuellen Motiven der Organisation beruhen darf. Denn die großen Themen – wie z. B. Nachhaltigkeit – sind Existenzverpflichtung und nicht Existenzberechtigung.